Eigentlich müsste der Titel lauten: BCB und der ganze Scheiss… ist aber zu lang, passt nicht ins Konzept. Jetzt heisst er halt so. Bevor wir beginnen, kurz eine kleine aber fachlich fundierte Wut-Rede:
Der ganze Mist um die Nutzen, Zusatznutzen, reasons, supporting evidences und wie der Quatsch auch immer genannt wird, wird in den meisten Lehrbüchern (und nicht nur dort) so gehypt, dass man meinen könnte, ohne diese 8, 9, 10 oder mehr Begriffe sei ein vernünftiges Werbekonzept gar nicht möglich. So ein Stuss! Die Begriffe sind zum Teil uralt, haben sich aber wie die Kakerlaken standhaft jeder Ausrottung verweigert und tauchen aus dem Dunkel des Werbekonzeptes an den unsäglichsten Stellen in Lehrbüchern immer wieder auf. Dazu vermehren sie sich auch noch wie die Karnickel, so dass manche Lehrmittel 12 verschiedene Begriffe anführen – von denen natürlich jeder in einem Konzept genannt werden muss und zwar zwingend auch noch in der richtigen Reihenfolge. Weil: sonst ist es ein Scheiss-Konzept und gibt wenig Punkte. Ich könnte im Dreieck springen! Welche Deppen denken sich eigentlich sowas aus… ok, denken – nö.
So, jetzt hab ich mich ein wenig beruhigt, und wir können die Sache mit etwas Distanz betrachten. Fangen wir also beim BCB an – dem Basic Consumer Benefit.
Erst mal zur Übersetzung, dann zur Begrifflichkeit: Basic Consumer Benefit = Grundlegender Konsumenten-Nutzen. Ganz einfach. Lektion 2, Englisch für Anfänger. Hier gleich noch ein Hinweis: Wenn also irgendwo steht, Sie sollen einen BCB UND einen Haupt-Konsumentennutzen aufschreiben, dann hat einer a) vom Fach und b) von Englisch keine Ahnung. Es gibt einen BCB also auch einen Grundlegenden Konsumenten-Nutzen – und von mir aus noch ein paar untergeordnete.
Zweitens: Wer behauptet, der BCB sei ein Nutzen aus Sicht der Zielgruppe und ein UAP ein Nutzen aus Produktesicht, der hat’s auch nicht begriffen. Ja Gopfertelli… an wen richtet sich denn Werbung? Ans Produkt? Nein! An den Kunden – also muss zwingend der UAP auch aus Kundensicht formuliert werden (übrigens auch der USP… aber das nur am Rande, wir sprechen nämlich sonst von einem Patent, aber das noch mehr am Rande). Wir bleiben beim BCB.
Haupt und Zusatznutzen
Also nochmal: Der BCB ist der grundlegende Verbrauchervorteil – also auch der Haupt-Verbrauchervorteil oder Haupt-Konsumentennutzen. Ist alles das Gleiche, sogar das Selbe. Nur eine Wortspielerei um sich als Pseudo-Fachmann outen zu können.
Daneben gibt es möglicherweise noch Zusatznutzen, die sich grob in folgende Bereiche unterteilen lassen: Leistungsnutzen, Kennernutzen, Trendnutzen, Geltungsnutzen.
Auch in Wikipedia stehts falsch (in Wikipedia steht überhaupt viel Falsches – allerdings auch viel richtiges): „Der Consumer Benefit geht bewusst auf die Bedürfnisse der Zielgruppe ein und hebt das beworbene Produkt durch den beschriebenen Nutzen von anderen Produkten der Wettbewerber ab. Dabei wird zwischen Grundnutzen und Zusatznutzen unterschieden…“. Nein! Falsch – Der Grundnutzen eines Produktes ist immer gegeben, alleine durch das Produkt selbst. Der Hauptnutzen ist auf den Konsumenten bezogen, der oder die Zusatznutzen (manchen sagen: Nebennutzen) auch.
Nutzen-Hierarchie
Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen drei Nutzenarten – alles darüber hinaus ist eigentlich Blödsinn, Over-Engineering und Selbstbefriedigung mit Fachbegriffen, also pervers.
- Grundnutzen
- Hauptnutzen
- Zusatznutzen
Was ist jetzt ein Hauptnutzen?
Im Prinzip ganz einfach: Der Hauptnutzen ist derjenige Punkt eines Produktes oder einer Dienstleistung, die vom Konsumenten als für ihn besonders nützlich (darum heisst es ja „Nutzen“) emfpunden wird.
Wir dröseln diesen klugen Satz mal Wort für Wort auf:
- Der Hauptnutzen: es geht also um einen Nutzen, einen Vorteil
- ist derjenige Punkt: EIN Punkt
- eines Produktes oder einer Dienstleistung: der Kunde macht also eine Verbindung zwischen Nutzen und Produkt
- die vom Konsumenten als für ihn: also ist dieser Punkt subjektiv und hängt vom Konsumenten ab (Zielgruppe)
- als besonders nützlich: also geht es um Vorteile – in welcher Art auch immer. Und zwar um besondere Vorteile, wichtige Vorteile, entscheidende Vorteile
- empfunden wird: muss also nicht wirklich so sein, es reicht vollkommen, wenn der Konsument das Gefühl hat, das Produkt nütze ihm etwas (Gefühl = er kann es manchmal noch nicht mal richtig begründen oder beschreiben)
Woher nehmen wir (in einer Fallstudie bzw. der Lösung) nun das Wissen, welcher Punkt für einen Konsumenten einen besonderen Nutzen verspricht? Genau – aus der Zielgruppenbeschreibung, und zwar aus den (weil der BCB ja subjektiv ist) psychographischen Merkmalen: was möchte der Kunde?, was motiviert ihn?, wovor hat er Angst?, was ist ihm wichtig?, welche Einstellungen hat er? etc.
Man erkennt hier schon, dass es durchaus sinnvoll ist, die psychografischen Informationen in absteigender Relevanz zu nennen – dann kann man nämlich ebenso absteigend und damit logisch den BCB und ein oder von mir aus auch zwei Zusatznutzen direkt „ablesen“ und hat einen hübschen roten Faden in der Fallstudienlösung. Und viele Punkte.
Ein Beispiel? Na gut.
Beispiele sind immer einseitig und damit gefährlich. Also denkt Euch gefälligst selbst welche aus, damit ihr nachdenken müsst… ist anstrengender, hilft aber.
Folgende Situation: Wir stellen – total im Trend – einen Fitness-Tracker her. Das Ding kann plus/minus das Gleiche wie alle Fitness-Tracker, was soll es auch mehr können: Puls messen, Schritte Zählen, verbrauchte Kalorien messen etc. Kurz und gut, wir sind die Firma Fitbit und es geht um den Fitnesstracker FitBit Charge3
Was jetzt der BCB ist, hängt doch entscheidend davon ab, was wir für eine Zielgruppe definieren bzw. wie wir sie beschreiben.
- Ist jemand extrem technik-affin, so kann die Fitbit-Pay-Funktion (Bezahlfunktion) der Hauptnutzen sein
- Hält sich jemand vor allem am oder auf dem Wasser fit, könnte die überdurchschnittliche Wasserdichtigkeit (50m) der Hauptnutzen sein
- Ist jemand trendig und modisch interessiert, so könnte die Möglichkeit, die Armbänder fast beliebig zu wechseln, der Hauptnutzen sein
- Ist jemand gerne ein ganzes Wochende lang unterwegs, so ist die lange Akkulaufzeit möglicherweise in Hauptnutzen
- Ist jemand einfach grundsätzlich daran interessiert, ein bisschen fitter zu werden, so sind vielleicht die umfassenden Informationen von Puls bis Schlaf und die Bewegungstipps der BCB
- Ist es jemandem wichtig, dass er als „körperbewusst“ wahrgenommen wird, ist der Nutzen dieses Trackes, dass er optisch auffällig ist.
So hat fast jeder vom gleichen Produkt einen anderen Hauptnutzen, oder BCB oder Hauptvorteil oder wie man das auch immer nennen will – ist eh immer das Gleiche.