Viagra: Skimming, Marktausweitung, Marktintensivierung, Teilmarktentwicklung, Marktpotenzial, Marktvolumen, Marktanteil, Artenschutz, Schwarzmarkt – einfach alles!
Ein kurzer Rückblick: 1998 brachte das US-amerikanische Unternehmen Pfizer Viagra auf den Markt – für alle, die davon noch nie gehört haben: ein Mittel zur Behandlung von erektiler Dysfunktion (Erektionsstörungen) – manche nennen die Pille Pille auch „Bumsbohne“ oder „Pornflakes“. Diese Wirkung wurde allerdings zufällig entdeckt, das Mittel sollte ursprünglich zur Behandlung von Bluthochdruck und Angina pectoris eingesetzt werden – nachdem die männlichen Testpersonen als Nebenwirkung aber überraschend oft Erektionen bekamen, hat Pfizer sich entschieden, das Medikament – Wirkstoff Sildenafil – unter dem Markennamen Viagra als „Potenzmittel“ auf den Markt zu bringen. Viagra klingt übrigens gleich (homophon) wie das Sanskrit-Wort für Tiger. Na toll.
Ein kurzer Seitenblick: Das Patentrecht ist für Medikamente etwas spezieller. Grundsätzlich steckt hinter der Medikamentenentwicklung ein enorm hoher finanzieller (Forschungs)Aufwand – die eigentlichen Produktionskosten sind ein Klacks dagegen. Der Patentschutz für Medikamente beträgt 20 Jahre – allerdings muss das Patent lange vor der Marktreife angemeldet werden. Im Falle von Viagra lief das Patent noch 15 Jahre nach dem Markteintritt – im Juni 2013 lief das Patent aus – genau genommen am Freitag, 21. Juni 2013 um Mitternacht – das wird noch wichtig sein!. Ab diesem Zeitpunkt konnten andere Firmen so genannte Generika anbieten (gleiche Zusammensetzung, anderer Markenname).
Befristete Margen-Garantie
Jeder Pharmahersteller weiß, dass nach Ablauf des Patentschutzes andere Anbieter auf den Markt kommen und ein Generikum zu deutlich günstigeren Preisen anbieten. Folglich versuchen die Firmen, während der Patentphase möglichst hohe Margen zu generieren. Marketingkosten fielen für Viagra nur in verhältnismässig kleinem Rahmen an: da es sich um ein verschreibungspflichtes Medikament handelt, war Publikumswerbung verboten – also nur Fachwerbung, Ärzte „bearbeiten“, etc. – und PR, massenhaft PR. Viagra war zeitweise DAS Thema in den Medien, für ein Medikament sehr ungewöhnlich.
25 Franken pro Tablette
Zu Beginn kostete Viagra rund CHF 25 pro Tablette – verkauft im 4er-Pack schlug die Pille mit CHF 100.- zu Buche. Krankenkassen bezahlten die Tablette nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen. Schätzungen gehen davon aus, dass Pfizer rund 2 Milliarden US-Dollar Umsatz aus dem Verkauf von Viagra generierte – die klassische Cash Cow. Die Herstellkosten sind natürlich geheim, Sildenafil ist aber in der Herstellung kein besonders teurer Stoff – Schätzungen gehen davon aus, dass die Herstellkosten pro Viagra-Pille sich auf rund 5 Rappen belaufen. Ungefähr.
Skimming und Zielgruppe
Pfizer war nun bekannt, dass sie maximal 15 Jahre lang hohe Preise verlangen können würden. Danach würde der Umsatz, vor allem aber der Gewinn einbrechen und Viagra müsste billiger verkauft werden – der klassische Skimming-Ansatz.
Die Preisgestaltung selbst folgte den Bedürfnissen der Zielgruppe: mangelnde Potenz nagt am männlichen Selbstbewusstsein stärker als ein Biber auf LSD an einer Erle – folglich ist die Preisakzeptanz enorm. Pfizer hat (das sind alles Vermutungen – wenn auch sehr begründete, und ein paar Insider-Informationen stecken auch dahinter) sehr genau abgeklärt, wer wieviel zu bezahlen bereit ist, um wieder… Sie wissen schon. Natürlich hatte man eine kaufkräftige Kundschaft im Blickfeld, die Zielgruppe ist immer noch genügend groß. In Deutschland geht man davon aus, dass rund 8 Millionen Männer an Erektionsproblemen leiden
Pfizer hat übrigens – das tun alle Azneimittelhersteller – vor dem Konsum von gefälschten Produkten aus dem vorzugsweise asiatischen Raum gewarnt. Mal ein Gedanke – nur ein Gedanke: Also: ich bin Pfizer. Ich produziere ein sauteures Medikament, das sich viele beim Arzt nicht kaufen wollen – weil sie sich schämen. Haben wollen sie es aber trotzdem – ich könnte jetzt hergehen, und das Mittel selber produzieren (ist billig) und als „Schwarzmarktartikel“ verkaufen – dann skimme ich gleich auch noch die oben erwähnten Kunden ab und grabe der „Piraterie“ das Wasser ab. Nur so – Pfizer würde das nie tun, ich wette, die kämen nicht mal auf die Idee…
Marktpotenzial, Marktkapazität etc.
Das Marktpotenzial würde also – 52 Pillen pro Jahr als Verbrauch angenommen – rund 400 Millionen Pillen betragen.
Die Marktkapazität ist natürlich geringer – deutlich geringer. Klar, bei dem Preis. Wir gehen davon aus, dass rund 20% der theoretischen Zielgruppe in der Lage sind, sich monatlich rund 200 Euro für die Pillen zu leisten. Bleibt eine Marktkapazität von 80 Millionen Stück Viagra pro Jahr. Die Marktkapazität wird zudem eingeschränkt durch psychografische Merkmale der Zielgruppe: Scham zum Beispiel. Rund 40% dürften wohl in diese Kategorie fallen. Bleibt eine Kapazität von etwa 64 Millionen Tabletten.
Marktanteil: Pfizer hat zwischen 1998 und 2013 pro Jahr ungefähr (Schätzwerte)
Artenschutz
Viagra ist das erste (und wahrscheinlich das einzige) Medikament, das nachweislich zum Artenschutz beigetragen hat – durch die Verbreitung von Viagra ist die Jagd auf geschützte Tierarten zum Zweck der Potenzmittel-Gewinnung (Nashörner und ähnliche) nachweisbar zurückgegangen