Im Grunde genommen muss man eine Marktabgrenzung (oder auch Marktbestimmung – die Begriffe sind hier wie immer ein bisschen uneindeutig) als allererstes vornehmen. Ohne eine Marktabgrenzung ist es zum Beispiel gar nicht möglich, eine Teilmarkt-Entwicklungs-Strategie von einer Marktentwicklungsstrategie zu trennen. Dazu muss ich ja erst einmal wissen, ob ich mich in einem Markt oder einem Teilmarkt befinde… klingt komisch, ist aber so.
Nun ist die Definition „Markt“ als solche schon nicht eindeutig: es gäbe immer einen noch größeren Markt (ok, irgendwann ist Schluss: Weltmarkt!), deshalb benötigen zur Marktabgrenzung ein ganz seltenes, rares Tool: den gesunden Menschenverstand! Zur Beruhigung: in der Praxis ist es eigentlich immer ziemlich klar, von welchem übergeordneten Markt wir sprechen: wenn wir Digital-Fotoapparate verkaufen, dann ist im Prinzip natürlich klar, dass wir den Fotoapparate-Markt Schweiz meinen (oder von mir aus noch DACH oder Europa). Aber das gilt eben zum Beispiel NICHT für die ganz großen Firmen, die Produkte in bestimmte Märkte exportieren und in andere eben nicht!
Die Marktabgrenzung (oder Marktbestimmung) ist ein Instrument des Marketings, um die relevanten Absatzmärkte für ein Unternehmen und seine Produkte zu definieren. Die Marktabgrenzung dient zudem als Basis für die Festlegung der passenden Marktbearbeitungs-Strategien sowie für die Festlegung des Marketing-Mix. Eine eindeutig und allgemein gültige Antwort, wie Märkte abzugrenzen sind gibt es nicht!
Mögliche Marktabgrenzungen
Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Markt ab- oder einzugrenzen, nicht alle sind sinnvoll, einige Begriffe bezeichnen das Selbe und einige sind in der (Fall)-Praxis einfach nicht relevant. Der Vollständigkeit dennoch ein kurzer Hinweis auf die Marktabgrenzung bzw. auf die Definition des relevanten Marktes.
Zeitliche Marktabgrenzung
In den allerwenigsten Fällen ist eine zeitliche Marktabgrenzung sinnvoll oder gefragt. Natürlich gibt es extreme Beispiele. So stellen Weihnachtsmärkte natürlich einen zeitlich abgegrenzten und sehr speziellen Markt dar. Generell gilt: hoch saisonale Produkte können nach einem zeitlich abgegrenzten Markt verlangen – wenn diese Produkte innerhalb eines Sortimentes SGF’s sind (Strategische Geschäftsfelder, wir können sie auch Teilmärkte nennen), dann kann eine zeitliche Abgrenzung durchaus Sinn ergeben.
- Weihnachtsmärkte
Wenn Sie Strohsterne oder ähnliches fast ausschließlich auf Weihnachtsmärkten verkaufen, dann ist eine zeitliche Marktabgrenzung sinnvoll. - Zeitlich eingeschränkte Strategische Geschäftsfelder
Wenn Sie als Schokoladenhersteller so organisiert sind, dass Weihnachts- und Osterprodukte eigene Strategische Geschäftsfelder sind, dann macht deren zeitliche Marktabgrenzung durchaus Sinn
Räumliche Marktabgrenzung
Diese Marktab- und –eingrenzung erfolgt in den meisten Fällen als Erstes. Das ist einigermaßen nachvollziehbar, denn wir müssen uns schon bewusst sein, WO wir unsere Produkte denn anbieten wollen. Im Normalfall wird bereits der Gesamtmarkt mit einer gewissen Einschränkung definiert (z.B. Markt Schweiz für Produkte xy), davon ausgehend grenzt man den Markt weiter ein. Gründe dafür können sein: Transportwege, -dauer und –kosten, Zielgruppen-Erreichbarkeit, Nachfrage-Schwerpunkte etc.
Daneben gibt es aber auch deutlich kleinere räumliche Märkte, beispielhaft seien hier folgende erwähnt:
- Einkaufszentrum
Eine Marketingstrategie für ein Einkaufszentrum zu erstellen bedingt zuerst einmal genaue Kenntnisse des Einzugsgebietes, die Einschränkung kann nach PLZ erfolgen, oder nach anderen geeigneten Kriterien - Hofladen
Auch ein Hofladen wird seinen Markt räumlich eingrenzen müssen, sogar sehr eng. Alles andere würde zu einer Verschwendung von Ressourcen führen - Hersteller von transportsensiblen Gütern
Wenn Sie Flüssig-Teer verkaufen hängt die Größe des möglichen Marktes davon ab, wie lange Sie Ihren Teer heiß halten können. Eine Verbesserung der technischen Möglichkeiten kann daher auch eine Ausweitung des Marktes bedeuten - Lieferfähigkeit
Wenn Sie nur begrenzt produzieren können (z.B. Alpkäse), dann ist es sinnvoll den Markt räumlich einzugrenzen um sicher zu stellen, dass Sie innerhalb dieses Gebietes auch lieferfähig sind (bei Alpkäse kommt möglicherweise noch eine zeitliche Eingrenzung dazu). - Sprache
Wenn Sie die Kosten für eine sprachliche Adaption (Etiketten etc.) nicht tragen können, sollten Sie den Markt räumlich eingrenzen – in diesem Fall nach Sprachregionen. - Testmarkt
Wenn ein Produkt oder eine Produktegruppe möglichst umfassend und unter möglichst realen Bedingungen getestet werden soll (z.B. auf die Marktakzeptanz), dann eignen sich Testmärkte natürlich besonders gut. Testmarkt-Szenarien dauern meistens mindestens ein paar Monate lang. Bekannte Testmärkte: Schweiz für Europa (Starbucks eröffnete die erste kontinentaleuropäische Niederlassung in der Schweiz) , Haßloch für Süddeutschland, Bremen und/oder Berlin für Norddeutschland, Zug für die Schweiz (von 1986 bis 2005 war Langenthal für die GfK Schweiz Testmarkt, Biel war ebenfalls mal ein beliebter Testmarkt). Die Wahl ist natürlich produkte-abhängig und nicht fix vorgegeben.