Was in vielen Bereichen des Marketings der Fall ist, wird beim Begriff „Marketing-Strategien“ besonders deutlich: Die EINE Antwort, welche Strategien es gibt, gibt es eben nicht. Viele Professoren, Strategen und Wirtschaftswissenschaftler haben eigene Strategien formuliert – die unterschiedlichen Nennungen sind deshalb weder falsch noch richtig, nur halt anders.
Ein paar Namen
Ansoff
Einer der bekanntesten Namen, wenn es um Marketing-Strategien geht ist „Ansoff“. Harry Igor Ansoff war ein US-Amerikanischer Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler. Geboren 1918 in Wladiwostok wanderte mit seinen Eltern in die USA aus wo er Ingenieurswissenschaften studierte und in Mathematik promoviert. Ein kluges Kerlchen. Ansoff gilt als Begründer des strategischen Managements. 2002 starb Ansoff in San Diego – an einer Lungenentzündung.
Von Ansoff stammt die Produkt-Markt-Matrix mit den Begriffen: Marktdurchdringung, Produkeentwicklung, Marktentwicklung und Diversifikation.
Porter
Michael Eugene Porter wurde 1947 in Michigan geboren und lebt noch. Er lehrt als Professor Wirtschaftswissenschaften an der Harvard Business School und gilt als einer der führenden Management-Theoretiker. Porter wurde insbesondere durch die Formulierung seiner Wettbewerbsstrategien bekannt: Segmentierung, Differenzierung, Kostenführerschaft. Allerdings ist Porter im wissenschaftlichen Bereich nicht ganz unumstritten: insbesondere seine Schlussfolgerungen stoßen hin und wieder auf Kritik, weil sie offenbar teilweise eher auf Einzelfällen statt auf empirischen Beobachtungen hinreichend großer Erhebungsfelder basieren.
Von Porter stammen die Begriffe Strategie der Qualitätsführerschaft, der aggressiven Kostenführerschaft, der selektiven Qualitätsführerschaft und der selektiven Kostenführerschaft.
Kotler
Philip Kotler, 1931 in Chicago geboren und noch am Leben, ist Professor für Marketing an der Northwestern University. Er gilt als Begründer der modernen Marketing-Lehre und sein Buch „Marketing Management“ gehört zur Standardliteratur in der universitären Ausbildung.
Kühn
Richard Kühn, emeritierter Professor an der Universität Bern ist das Schweizer „Urgestein“ im Marketing. Er studierte Betriebswirtschaft in Bern, war Inhaber einer Unternehmungsberatungsfirma, Professor an der Uni Freiburg, Dozent (unter anderem für Marketingleiter – und ja, ich lernte unter anderem bei ihm strategisches Marketing) sowie Verwaltungsrat unterschiedlichster Firmen und Mitglieder in gefühlten 100.000 Gremien. Sein Spezialgebiet: Strategisches Marketing, insbesondere die Planung von Marketing-Strategien und Marketing-Mix-Konzepten, Markenführung etc.
Von Kühn stammt insbesondere die Darstellung des Marktsystems, heute auch als „Marketing-Gesicht“ bekannt.
Meffert
Heribert Meffert, 1937 in Oberlahnstein geboren, ist deutscher Wirtschaftswissenschaftler und studierte in München. Seit Mitte der 70er-Jahre ist Marketing sein Hauptbetätigungsfeld. Der deutsche „Marketing-Papst“ ist vor allem in den Bereichen Unternehmensmarketing und Markenführung aktiv. 2004 wurde er pensioniert (emeritiert).
McCarthy
Edmund Jerome McCarthy (1928 – 2015), amerikanischer Marketing-Professor lehrte am renommierten Massachusetts Institute of Technology und entwickelte mathematische Modelle fürs Marketing. McCarthy ist der Erfinder der 4 P’s – ursprünglich waren es 12 Bereiche, die McCarthy dann zu den heute noch geläufigen 4P’s zusammengefasst hat. Ach ja, McCarthy hatte 8 Kinder!
Was will uns das sagen?
Eigentlich nur eines, das aber besonders deutlich! Egal, was für ein Lehrmittel Sie in Händen halten, egal welche Strategie darin als „DIE“ Strategie steht – es gibt immer noch andere. Hoffen wir einfach mal, dass in Ihren Lehrmittel wenigstens angegeben ist, auf welchen ursprünglichen Strategien die Angaben im Buch basieren. Das wäre nett, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn es ist kaum anzunehmen, dass in den aktuellen Schulbüchern wirklich neue Strategie-Ansätze entwickelt wurden. Je nach Ausrichtung des Autors basieren die Informationen eher auf Ansoff (sehr häufig, weil ziemlich einfach zu erklären, wenigstens in den Ansätzen), auf Porter oder Kühn. Das sind die häufigsten.
An dieser Stelle sei wiederholt, was unter „warum diese Seite“ geschrieben steht: Weil die Fokussierung auf eine einzelne Quelle niemals zu einem objektiven und umfassenden Blick auf das Gesamte führen kann, weil es notwendig ist, auch über den Blattrand der Schulungsunterlagen hinaus zu sehen um zu erkennen, dass a) überall nur mit Wasser gekocht wird, dass b) nur weil etwas in EINEM Buch steht, es noch lange nicht die EINZIGE Wahrheit sein muss und weil c) es zum Verständnis beiträgt, wenn man erkennt, dass sich auch Professoren durchaus nicht immer einige sind und dass Modelle lediglich ein Weg sind, etwas vereinfacht zu erklären. Deshalb: Glauben Sie NIEMALS nur einer Quelle (auch nicht dieser hier!).