Der arme Pareto – wenn er wüsste, was in seinem Namen alles für Schwachsinn erzählt wird, es würde sich im Grab drehen wie ein Hähnchen am Spiess. Oder um im Bild zu bleiben: 80% der Aussagen, die über das Paretoprinzip und seinen Erfinder gemacht werden, sind höchstens zu 20% wahr. Und das ist sehr wohlwollend geschätzt.
Pareto – kluges Kerlchen
Wie so oft hilft es, sich einmal zu überlegen – oder nachzulesen – woher das Paretoprinzip eigentlich angeblich stammt. Kurze Umfrage: Wer hat sich diese Mühe schon mal gemacht? Ok, danke – war zu vermuten. Also: Vilfredo Fritz Pareto, geborem am 15. Juli 1848 in Paris und am 19. August 1923 nahe Genf gestorben war ein Italiener. Das hilft noch nicht weiter, Pareto war Ingeniör, Soziologe und Wirschaftswissenschaftler. Er arbeitete zuerst als Ingenieur und arbeitete für eine Eisenbahngesellschaft, dann für ein Eisenhüttenwerk. 1893 wurde er den Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Lausanne und begründete die Wohlfahrtsökonomik – und dabei entwickelte er das Pareto-Prinzip. Dazu kommen wir gleich.
Pareto war ein Analytiker, ein schlauer Kopf und ein sehr pointierter Soziologe. Sein Hauptwerk „Trattato di sociologia generale“ umfasst vier Bände und ist gilt heute noch als Standardwerk, wenn es um die Theorie der Residuen geht.
Das Pareto-Prinzip
Wie also kam Pareto auf sein Prinzip? Er untersuchte die Grundbesitzverteilung in Italien. Als er alle Zahlen zusammenzählte, entdeckte er, dass 20% der Bevölkerung ungefähr 80% des Bodens besassen. Das war’s im Grossen und Ganzen. Er schaute noch nach link und rechts und entdeckte ein Prinzip: Dass nämlich die Verteilung von irgendwas nicht immer linear zu den Merkmalsträgern verläuft.
Die Pareto-Verteilung besagt, dass eine kleine Anzahl von hohen Werten mehr zum Gesamtwert einer Wertemenge beiträgt als die hohe Zahl der kleinen Werte derselben Menge.
Das hat nichts, aber auch gar nichts mit einr 80/20er-Regel zu tun. Das war bei der Einkommensverteilung etc. nur Zufall.
Was Pareto nicht sagt
Pareto selbst hat schon darauf hingewiesen: Sein Prinzip der ungleichen Verteilung gilt nur dann, wenn die Elemente des überprüften Systems unabhängig sind. Und noch etwas hat Pareto nie gesagt: Dass es sich immer um 80% und 20% handeln müsse. Aber weil halt kaum jemand sich die Mühe macht, mal etwas nachzudenken, findet sich in vielen Lehrmitteln, Manuskripten, Büchern, Zeitungen etc. immer wieder die kreuzfalsche Aussage oder Annahme, dass die Summe von 100 für ähnliche Verteilungen zwingend sei.
Die beiden Elemente einer Pareto-Verteilung müssen keinesfalls in Summe 100 ergeben – sie müssen auch keinesfalls jeweils 80 bzw. 20 betragen.
Selbstverständlich gibt es auch vollkommen andere Verteilungen, es ist durchaus möglich, dass 50% von Aufwendungen zu 90% des Erfolgs führen etc. – und bei anderen Beispielen wird es klar, dass das Pareto-Prinzip besser nicht einfach blind und doof übernommen werden sollte:
- Mit 20% des Benzins kann man nicht 80% des Tanks füllen
- Mit 20% der Punktzahl erreicht man nicht 80% der Maximalnote (na? Kapiert?)
- Mit 20% des Geldes kann man nicht 80% des Lebensunterhaltes bestreiten
Und dann gibt es noch Leute, die sind so doof, die kriegen auch nicht mit 80% des Aufwandes 20% des Ergebnisses hin.
Fazit
Pareto war klug – deutlich klüger als die meisten, die heute versuchen, sein Prinzip zu erklären.