Der Marketing-Mix ist – welche Überraschung – eine Mischung, ein Mix aus verschiedenen Teilen. Und da sagt es schon das Wort „Mix“: Die Verteilung der unterschiedlichen Bestandteile ist nicht immer gleich, sie ist vielmehr immer wieder anders – je nach Zielen, Rahmenbedingungen etc. Aber: Die Mischung muss immer so gewählt werden, dass das Ergebnis möglichst gut ist – also müssen die einzelnen Elemente bzw. Bestandteile klug aufeinander abgestimmt werden – wir reden deshalb auch von der Harmonisierung des Marketing-Mix.
Marketing-Mix – es war mal einfach
Ein kurzer Ausflug in die Historie: Das klassische 4-Säulen-Modell des Marketing-Mix stammt aus dem Jahre 1960, ist also rund 60 Jahre alt und wurde von McCarthy entwickelt. Damals herrschte ein Verkäufermarkt und man kann sich schon vorstellen, dass ein Modell, das 60 Jahre alt ist und für einen vollkommen anderen Markt konzipiert wurde, heute nicht mehr so wirklich sinnvoll ist. Irgendwie hat das nur noch niemand so richtig bemerkt … seltsam.
Die klassischen 4 P’s
Die bekannten 4P’s, von denen wir sprechen, sind – die Reihenfolge ist egal:
- Product / Produktepolitik
Das Product-P umfasst alle Überlegungen und Entscheidungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Produkt (oder natürlich der Dienstleistung) stehen: Also Punkte wie Produktegestaltung, Qualität, Verpackung, Sortiment, Service - Price / Preispolitik
Die Preispolitik umfasst natürlich die Preisgestaltung, abe auch die Konditionen, Zahlungsbedingungen, Rabattierung, Kreditvergabe etc. - Place / Distributionspolitik
Hier stehen alle Punkte in Bezug auf den Vertrieb und die Distribution zur Diskussion: Direkter oder indirekter Vertrieb, exklusive, selektive oder intensive Distribution, Ladenverkauf oder/und Online-Handel, etc. - Promotion / Kommunikationspolitik
P wie Promotion beschäftigt sich mit den Instrumenten der Kommunikation, also dem Einsatz von Werbung, Verkaufsförderung, Messen, Sponsoring, persönlichem Verkauf, PR etc. – aber auch konzeptionelle Entscheidungen zur Wahl der Kommunikationskanäle werden hier festgelegt: Print, TV, Online, Affiliate Marketing, Social Media, etc.
Begraben wir das 4-P-Modell!
Sehen wir uns doch einfach mal die einzelnen P’s an.
- Product
Nach der Logik von McCarthy ist ein technisch überlegenes Produkt automatisch auch eines, das sich gut verkauft – weil es ja eben Vorteile hat. Theoretisch ist der Gedanke nicht falsch, nur entscheidet sich heute der Kunde generell nicht aus rationalen Gründen für ein Produkt, sondern aus emotionalen (weil er nämlich auswählen kann). Das Produkt muss ihm etwas bieten, was er haben will – wir landen automatisch in der Copyplattform, bei den Nutzen. Da steht nix vom Produkt! - Price
Eine Postitionierung über den (tiefen) Preis ist heute einigermassen sinnlos – zu vielfältig sind die Informationsmöglichkeiten für Kunden und irgendjemand wird das gleiche Produkt bestimmt noch etwas billiger anbieten. Der Preis als solches verliert also an Bedeutung, was hingegen an Bedeutung gewinnt, sind die Kosten, die der Verbraucher hat. Oder noch besser: Ressourcen, die er einsetzen muss oder gewinnt – dazu gehört auch Zeit, Image etc. - Place
1960 war es noch relevant, auf welchem Weg ein Produkt verkauft wurde – heute ist das zu 99% hinfällig. Faktisch sind heute fast alle Produkte fast immer von fast überall her verfügbar. Man braucht kein eigenes physisches Vertriebsnetz mehr, ein e-Shop reicht in sehr vielen Fällen. - Promotion
Ersetzen wir Promotion durch Kommunikation wird es schon besser. Die alten Instrumente wie klassische Werbung, VF etc. verlieren permanent an Wirksamkeit – an ihre Stelle treten neue Methocen wie zum Beispiel Content Marketing, Retargeting etc. – das ist aktive Kommunikation, die zunehmend die klassische Promotion ersetzen wird.
Die klassischen 4 P’s gehören ausgemustert. Sie entstanden zu einer Zeit, als produkteorientiertes Marketing Standard war. Die 4 P’s passen überhaupt nicht mehr in die heutige Zeit und das heutige Konsumenten- und Marktumfeld!
Das modernere 4C-Modell
Natürlich ändert sich nicht so sehr viel, nur weil man die Begrifflichkeiten anpasst – aber sonst sind die Marketingleute ja auch so erpicht darauf, die richtigen Worte zu wählen (zum Beispiel USP). Von diesem Standpunkt aus, hat Robert F. Lauerborn1990 das Richtige gemacht, als er den produkteorientierten 4-P-Standpunkt durch den bedürfnisorientierten 4-C-Standpunkt ersetzt hat.
- Consumer (Fokus weg vom Produkt, hin zum Konsumenten)
- Cost (nicht der Preis ist entscheidend, sondern die Kosten für den Verbraucher)
- Communication (Dialog statt einseitige werbliche Monologe)
- Convenience (Bequeme Verfügbarkeit statt Fokus auf Vertriebswege)
Von der Praktikabilität her ist das Lauerborn-Modell ähnlich gut wie das klassische 4 P-Modell von McCarthy. Es ist aber moderner und sollte dringendst das alte ablösen – auch und gerade in Schulungsunterlagen. Zumindest dann, wenn man sich nicht an das noch neuere SAVE-Modell halten will.
Das SAVE-Modell
Im Prinzip ist auch dieses ein klassisches 4-Phasen-Modell – McCarthy war ja nicht doof, nur sind seine Ansätze halt nicht mehr modern. Das SAVE-Modell ersetzt nun wie das Lauerborn-Modell die 4 Begrifflichkeiten durch neue, zeitgemässe.
- Solution
statt Product – sehr sinnvoll, es geht um Lösungen für den Kunden, typisch Marketing - Access
statt Place – auch klug, der Kunde soll Zugang zum Produkt haben, nicht umgekehrt - Value
statt Price – logisch, es geht um Werte, die sind nicht nur materiell sondern auch emotional - Education
statt Promotion – bisschen gesucht, aber ok: der Kunde soll “lernen” was unser Produkt ihm bringt, man kann damit leben auch wenn ich den Eindruck habe, das “Education” war dem Wunsch geschuldet, für das Modell ein hübsches Akronym zu kreieren – genauer: ein Apronym
Es gibt noch andere Modelle und weitere P’s – die sind aber faktisch nicht der Rede wert.
Das 7c Compass-Modell
Hier nur kurz, es ist etwas chaotisch und schwierig zu verstehen (stammt von 1979). C2 bis und mit C4 entsprechen den klassischen 4P’s
- C1 = Corporation
- C2 = Commodity
- C3 = Cost
- C4 = Communication
- C5 = Channel
- C6 = Consumer
- C7 = Circumstance
Die P-Inflation
Je nach Lehrbuch, nach Dozent, nach Fachbuch, nach Autor etc. gibt es noch mehr P’s – bekannte und weniger bekannte sind: Processes, Packaging, Personnel, People, Persons, Politics, Physics, Physical Evidence, Personal Politics, Physical Facilities, Public Voices, Product Postionning, Postionning, Pamper, etc.